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„No Asians“

Schwulen Männern, die auf Datingwebseiten und Datingapps unterwegs sind, muss ich voraussichtlich nicht einmal erklären, worauf ich mit der Überschrift anspiele. Sie kennen diese Formulierung höchstwahrscheinlich aus eigener Erfahrung beim Nutzen von Online-Plattformen zur Partnersuche. Diese in Profilbeschreibungen formulierte Forderung, man solle sich doch nicht scheuen eine Nachricht zu hinterlassen, ausgenommen man sei asiatischer Herkunft, findet man viel häufiger als einem lieb ist. „No Asians“. „Bitte keine Asiaten“.Das Traurige ist, dass ich bereits mehr als ein Mal eine hitzige Diskussion über diese problematische Formulierung führen musste und dafür nicht einmal in die Untiefen der Online-Datingplattformen vordringen musste, oder diese Spezies schwuler Männer für solche Aussagen erst aus der Reserve locken musste. Nicht wenige Menschen tragen solche Aussagen schlichtweg offen vor sich her, teils in eine längere Aufzählung eingegliedert: „Keine Tunten, keine Fetten, keine Asiaten“.

Manches Mal findet sich hinter letzterer Äußerung noch der Zusatz, dass dies nicht rassistisch gemeint sei, man stehe nur einfach nicht darauf und das sei eine ganz persönliche Präferenz – das sei halt so. Hier ist in der Regel der Punkt, wo ich widersprechen muss und wo ich mich auch am meisten wundere:

Wieso glauben so viele Menschen ihre sexuellen Präferenzen entstünden in einem Vakuum?!

Für mich ist der erste Anhaltspunkt diese Annahme als irrsinnig herauszustellen, meinen eigenen Empfindungen, was oberflächlich/körperlich attraktiv ist und was nicht. Meinem Erleben nach gibt es bis jetzt in meinem Leben schon ein paar Konstanten, was und wen wen ich als sexuell anziehend beschrieben würde (*hust* Gael García Bernal, Idris wieso noch immer nicht James Bond Elba, Jake Gyllenhaal in Donnie Darko, James Franco in so ziemlich jedem Film seit Spiderman *hust*). Dementgegen steht aber ebenfalls eine lange Liste von Männern, die ich in der Vergangenheit optisch wahnsinnig aufregend fand, es jetzt aber nicht mehr tue. Es kommt also immer mal wieder vor, dass ich einen Film oder eine Serie schaue, mich erinnere, dass ich diesen und jenen Schauspieler ja in meiner Kindheit oder Jugend so schoarf fand, nun jedoch etwas irritiert auf den Bildschirm starre und mich nicht entsinnen kann, was ich an jenen Schauspielern denn so toll gefunden habe.

Bei diesem Thema besteht eine bestimmte Gefahr, dass sich diejenigen, die diese Formulierungen in ihre Datingprofile geschrieben haben sofort angegriffen fühlen und denken ich würde sie aufgrund dieser Wortkombination als rassistisch bezeichnen. Darum geht es mir hiermit nicht, es geht mir erstmal um eine Reflexion darüber, wie man zu diesem Ausspruch gelangt. Meine Ausgangsthese ist, dass diese Schönheitsideale nichts 100% persönliches und selbst entworfenes, sondern kulturell geprägt sind und dass es  sexuelle Präferenzen zu einem stückweit ebenfalls sind. Menschen, die „No Asians“ in ihre Datingprofile schreiben sind nicht automatisch rassistisch, sie folgen damit vorherrschenden Schönheitsidealen, die bestimmte „Ethnien“ ausschließen.

In jetziger Zeit sehe ich diese kulturelle Prägung vor allem durch Medien transportiert. Das beginnt natürlich bei Werbefotos, geht sicherlich über Pornofilme, aber auch bis hin zu allgemeiner Repräsentation in Film und Fernsehen – es ist ja zumindest bezeichnend, dass ich bei meiner Überlegung welche Männer ich schon immer aufregend gefunden habe, angefangen habe Schauspieler aufzuzählen. In unserer globalisierten Welt hat sich vor allem der Hollywoodmarkt als Exportschlager erwiesen. Ein Großteil der Filme und Serien die wir heutzutage konsumieren kommt mit Sicherheit aus den US of A, womit wir auch Schönheitsideale in gewisser Weise zu Teilen ebenfalls importieren. Eine weiterer Schwenk zu Repräsentation von Asiaten im amerikanischen Kino bzw. in amerikanischen Serien und Allgemein zur Geschichte von Asiaten in Amerika ist deswegen nicht ganz uninteressant.

Wie in diesem Video offensichtlich wird, ist die Geschichte der Asiaten in Amerika eine Geschichte der Versuche asiatischen Männern über Gesetzgebungen, beispielsweise hinsichtlich des Arbeitsrechts, oder auch durch Verbotsgesetze, eine weibliche Konnotation zu geben; zu entmannen. Genau so wenig wie Schönheitsideale konstant sind, so sind es auch Stereotype nicht (wie sonst ließe sich erklären, dass asiatische Männer mittlerweile fast in einer asexuellen Weise repräsentiert werden, wenn sie einst als geradezu gefährlich hypersexuell beschrieben wurden?!). Das wirklich empfehlenswerte verlinkte YouTube Video zeigt ziemlich genau auf, wie diese Art der Unterdrückung aktiv herbeigeführt wurde. Diese Geschichte der asiatischen Männer in Amerika findet dann eine traurige Entsprechung in ihrer medialen Repräsentation. Es fällt deswegen auch nicht leicht sich daran zu erinnern, wann man zuletzt einen Film oder eine Serie gesehen hat, in der ein asiatischer Mann als begehrenswert dargestellt wurde. Als eine Hauptrolle, nicht als lustiger oder nerdiger Sidekick. Ich denke, dass hier bereits ein Teil des Problems liegt.

Ich habe das Gefühl diesen Beitrag nicht schreiben zu können, ohne auch folgenden Aspekt aufzugreifen. Zu bis jetzt genanntem kommen – wir kennen sie alle, die Gerüchte rund um das asiatische „beste Stück“ und die damit einhergehende unsinnige Zentimeter-Rechnerei hinzu. Statistiken besagen, dass Menschen aus dem Raum Asien hinsichtlich der Größe des Gemächts einen niedrigeren Durchschnitt erreichen, als beispielsweise Europäer. Ich kann großen Schwengeln zwar durchaus etwas abgewinnen – in erster Linie finde ich sie aber lediglich mal optisch ansprechend. Guter Sex ist damit erfahrungsgemäß nicht garantiert. Ob ich Sex im Nachhinein als gut beurteilt hätte, hing bei mir bis jetzt immer von anderen Faktoren ab (was sicher auch mal einen Blogbeitrag wert wäre) weswegen ich doch wirklich anzweifeln muss, ob Menschen die eine gesamte „Ethnie“ in ihrer Partnersuche ausschließen, ihre Jungfräulichkeit bereits verloren haben. Dieser Aspekt bildet vielleicht ein einzelnes Puzzlestück um zu erkären, warum die Beliebtheit von asiatischen Männern auf dem Datingmarkt nicht wirklich groß zu sein scheinen. Dadurch, dass die „Ethnie“ mit dem statistisch, durchschnittlich größten Penis jedoch ebenfalls nicht die beliebteste ist, relativiert dieses Argument jedoch ohnehin.

Mein Conclusio fällt eigentlich ziemlich einfach aus – Du bist nicht automatisch Rassist, fat-shamer, „Verräter der Schwulen“, wenn du „keine Asiaten“, „keine Dicken“ oder „keine Handtaschen-Schwule“ in dein Datingprofil schreibst. Aus meinem Raster fällst du aber raus, da ich dich nicht für reif halte, ich dir unterstelle dein Datingverhalten nicht zu reflektieren. Das finde ich unsexy! Ich halte dich dann nämlich vor allem für oberflächlich. Meine persönliche Devise auf der Suche nach interessanten Menschen lautet mittlerweile, dass ich mich überraschen lassen will. Die interessantesten Männer auf dem Papier waren nicht automatisch die interessantesten Männer bei einem realen Treffen. Die optisch (für mich) weniger ansprechenden Männer waren hin und wieder die lustigsten und sympathischsten Männer, die ich beim Dating getroffen habe; und es waren diese Merkmale die sie schlussendlich auch sehr sexy gemacht haben.

Ich glaube: Menschen anhand ihres Aussehens auszuschließen – da entgeht dir etwas.

 

Vielen Dank fürs Lesen meines kleinen Blogs zu schwulen Dating in der Großstadt. Neue Beiträge erscheinen jeden Montag. Wem die Wartezeit zu lang ist, bereits erschienene  Artikel sind in den Kategorien Beziehung, Dating, Sex und Toleranz geordnet. Ich wünsche euch allen eine hervorragende Woche. 🙂 

1 Comment

  1. Ich befürchte, Du tappst in dieselbe Falle, die Du anderen vorwirfst: Du rechnest Deine (nicht autonom geprägte) Rezeptionspraxis anhand von einzelnen subjektiven Beispielen hoch und verallgemeinerst sie. Abgesehen davon, daß einige Deiner Erfahrungen und Schlußfolgerungen jeder Schwule irgendwann einmal macht.

    Deine Frage, „wann man zuletzt einen Film oder eine Serie gesehen hat, in der ein asiatischer Mann als begehrenswert dargestellt wurde“ läßt offen, was Du persönlich unter „begehrenswert darstellen“ verstehst (warum überhaupt „darstellen“?) und läßt vermuten, daß Du Dich allein auf US-amerikanische Produktionen beziehst.

    [BTW fallen mir spontan drei aktuelle asiatische Schauspieler aus großen US-Produktionen ein, die mir im Gedächtnis geblieben sind – die Namen mußte ich allerdings nachschlagen: Qin Shaobo, Lee Byung-hun, Jet Li. – Und „I have no crush on Asians“.]

    Zudem reflektierst Du Deine Partnerwahl kritisch auf eine bestimmte Weise, die (auch durch US-amerikanische) linksintellektuelle Diskurse (Anti-Rassismus, „critcal whiteness“) mittelbar oder unmittelbar beeinflußt zu sein scheint.

    Ein Problem an Dating-Apps oder Dating-Portalen für (hauptsächlich) Sexkontakte ist meiner Meinung nach: „You get what You are looking for not what You deserve“. Das ist aber auch in einem Club so, wenn auch zufällige unerwartete Begegnungen dort wahrscheinlicher sind. Die Auswahl im Moment ist zu groß, um sich auf ein – wirkliches, dh unvorhergesehens – Abenteuer einzulassen. Wisch ’n weg. (Das Homosexuelle prinzipiell ein nicht unrelevantes Diskriminierungsproblem haben, kommt dazu, es gibt ja die These, daß, wer unterdrückt wird, diese Unterdrückung öfter weitergibt.)

    Letztlich spricht aber auch die Erfahrung gegen Deine These der medial transportierten und geprägten Steretype: Metropolen wie Wien sind Anziehungspunkt für Touristen, für Publikum aus aller Welt und die Clubs sind voller Menschen aus allen Erdteilen – und einige von ihnen leben auch hier. Man muß sich der Vielfalt und „Auswahl“ überhaupt bewußt sein, um (dann wieder) auszuschließen.

    Manche Menschen reisen nie, manche nur „individual“ und wieder andere nur „pauschal“ und „in die Sonne“. Do what You want.

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