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Sex in der Beziehung

„Das Schlimme ist, es gibt ein Punkt in der Beziehung, da ist die Person, mit der man zusammen ist, auf ähnliche Art vertraut, wie man mit seiner Familie vertraut ist. Dann fühlt es sich plötzlich so an, als würde man einen Cousin küssen.“, so sagt mir Jana bei einem gemeinsamen Brunch. Was ich zuerst nicht glauben kann, trifft mich eine Woche später mit voller Wucht.

Jeder weiß, dass man in einer Beziehung nicht ewig in der Phase steckenbleibt, in der man sich am liebsten rund um die Uhr bespringen will (und dies manchmal auch tut). Sexualwissenschaftler*innen legen des Öfteren Studien vor, in denen untersucht wird, wie oft Paare durchschnittlich Sex haben. Man findet natürlich verschiedenste Ergebnisse, ein sehr geläufiges lautet dabei: Ein Mal pro Woche haben Paare durchschnittlich Sex.

Als ich also mit meinem Freund bereits eineinhalb Wochen keinen Sex mehr habe, werde ich langsam etwas unruhig. Genau in dieser Verfassung habe ich durch Google dann auch von diesem angeblichen Durchschnitt (normal = ein Mal pro Woche) erfahren und mich online ein bisschen durch Beiträge geklickt, in denen Menschen von Sex in ihrer Beziehung, bzw. dem Keinen-Sex-mehr-haben, oder aber auch vom Aufpeppen ihres Sexlebens erzählen. Ich merke aber schnell, dass ich eigentlich gar keine Lust habe, auf einmal Flogger bei Amazon zu bestellen und einem Swingerclub beizutreten, also schließe ich den geöffneten Tab relativ schnell.

Nach nun insgesamt zwei sexfreien Wochen vertreibe ich mir meine Freizeit damit, die erste Staffel von Sex and the City zum unendlichsten Male anzuschauen. Dabei stoße ich auf die Folge mit dem Titel The Drought. Dramaqueen Carrie Bradshaw erlebt in dieser Folge ihr ganz persönliches Watergate, als sie eines Morgens neben Mr. Big aufwacht und einen fahren lässt (#fartgate). Da nach diesem Furz das Sexleben von ihr und Mr. Big vorläufig pausiert, wird die Sache natürlich unheimlich aufgebauscht und Carrie redet mit jeder ihrer Freundinnen über den Vorfall. Sie macht die Feststellung, dass es in jeder Beziehung einen Punkt gibt, in welchem Romantik der Realität Platz machen muss (true dat!). Als Miranda dann einwendet, dass Carrie eben auch nur ein Mensch sei, antwortet Carrie, dass sie aber nicht wolle, dass gerade er das weiß.

Dem großen Drama um Carries Furz liegt natürlich eine sehr reale Angst zugrunde:

Kann es passieren, dass man auf die Partnerin oder auf den Partner von dem einen auf den anderen Tag sexuell nicht mehr ansprechend bzw. begehrenswert wirkt?

Wenn ich darüber nachdenke, woran es in meiner Beziehung die letzten zwei Wochen gescheitert ist, fallen mir vor allem organisatorische Gründe ein: Müdigkeit, Terminkollisionen, wir wollen gemeinsame qualitytime am liebsten auf Tage und Abende verlegen, wo sich beide gut ausgeruht fühlen und richtig Lust aufeinander haben. Das ist ja in erster Linie auch eine gute Idee, aber ab wann muss ich eigentlich anfangen, mir ernsthaft Sorgen zu machen, wenn der Sex weniger wird? Tötet Vertrautheit den Zauber von Verliebtheit? Ist gemeinsamer Alltag das Ende jeder Romantik?

Als die sexlose Phase von Carrie und Big in besagter Sex and the City-Folge weiter anhält, hat Carrie einen kleinen Nervenzusammenbruch und streicht ihre Küche in eggshell. Zum Schluss wird natürlich trotzdem erstmal alles wieder gut, denn natürlich haben Carrie und Big einfach wieder Sex. Soll das wirklich die Lösung für dieses Problem sein?!

Vielleicht bin ich auch schon ein bisschen verrückt geworden, denn ich sehe zwar ein, dass 2+ Wochen keinen Sex zu haben, erstmal nicht besonders schlimm klingt – meine Single-Freunde würden mich allesamt auslachen, aber andererseits hat Carrie schon auch recht, wenn sie sagt, dass es einen Unterschied macht, keinen Sex zu haben, wenn man single ist, versus keinen Sex haben und in einer Beziehung sein. Ich bin jedenfalls verunsichert genug, um zu entscheiden, dass für mich, selbst dann wenn wir wieder Sex haben, der Keks nicht gleich gegessen ist. Von einem „Es ist alles vollkommen OK, es hat sich nicht ergeben“ von Seiten des Freunds will ich mich nicht einlullen lassen.

Als es dann soweit ist, dass die Durststrecke überwunden ist, kriegen wir nicht einmal ein halbwegs glaubhaftes Gespräch zustande, bevor wir übereinander herfallen. Und schon haben wir wieder Sex. Lang und ausgiebig. Nicht ein Mal, nicht zwei Mal. Drei Mal hintereinander: Erschöpfend guten Sex. Solchen Sex, bei dem man zeitweise alles um sich herum vergisst, wo man nichts spürt als Nähe.

Müde liegen wir nun nebeneinander, atmen ein wenig schwerer, sind verschwitzt und befriedigt. Ich spüre, dass er gleich einschlafen wird, zuvor gibt er mir einen Kuss auf meinen Arm und wir umschlingen einander ganz fest. Was ist aus meinem Vorsatz geworden, zu ergründen, ob der Funke erloschen ist? Die ganzen Gedanken kommen mir nun sehr weit weg vor, denn eins weiß ich jetzt mit absoluter Bestimmtheit: Den Sex, den wir jetzt gerade hatten, den hätten wir zu Beziehungsbeginn nicht haben können. Diesen Sex kann man auch nicht als One Night Stand haben. Dieser Sex fußt auf Vertrautheit. Muss ich jetzt wirklich so weit gehen es auszusprechen? Vielleicht kann man solchen Sex erst haben, wenn man auch voreinander pupsen kann. Carrie, siehe zu und lerne!

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